Sonntag, 23. Oktober 2016

Arrivederci

Nun ist eingetreten, was vor 22 Tagen noch unendlich weit weg schien: Abreisetag.

Nachdem wir gestern auf den Ätna schon einen Vorgeschmack auf den Herbst und Winter bekommen hatten, begrüßte uns der Berg heute mit Schnee auf der Spitze. Ein deutlicheres Zeichen hätte er uns nicht geben könne: Es ist Zeit zurück zu fahren! - Es gibt nur ein Problem: ICH WILL ABER NICHT!

Aber es fragt ja keiner danach. Also Sachen gepackt und Koffer untergestellt. Dann noch einmal durch die Stadt. Eigentlich war eine Foodtour geplant. Die fiel leider aus. Ausweichplan: Radtour. Die Räder waren allerdings kaputt. Dann eben wieder zu Fuß. Noch einmal Fischmarkt und endlich mal den Dom. 

Dann packte uns das Grauen vor dem nahenden Winter und wir entschlossen uns, noch einmal mit Sack und Pack zum Strand zu fahren. Gute Entscheidung! Wir tankten noch einmal Sonne, der CdM badete ein letztes Mal. Es wäre alles gut gegangen, wenn wir nicht noch 1 Stunde vor Ende ein Parkticket bekommen hätten. Aber jetzt wissen wir wenigstens - nach intensiver Recherchearbeit - , dass man solche Tickets am besten gleich bezahlt und das man das in Italien beim Postamt macht.

Und damit war auch unsere letzte Stunde vorüber. Wir waren einmal und die Insel rum. 
Den Rest kennt Ihr: Flughafen, Auto abgeben, Check-In, hoch, runter, Kofferband, Taxi, Autobahn, Bett. Zu Hause!


Wie jedes Mal lasse wir jetzt mal alles ruhen und sacken und wer dann nach Lust hat, kann in ein paar Tagen das Resümee hier finden.



Donnerstag, 20. Oktober 2016

Letzter Tag on top

Die DoRM hatte ja nach und nach ihre Kräfte verloren. An unserem letzten kompletten Tag auf der Insel lief sie allerdings noch einmal zur Hochform auf: Rauf auf den Ätna lautete der Plan.

Die LoPol*in hatte sich nach dem Tunneldebakel lieber dafür entschieden, schon mal abzureisen. Gaaaaaaaanz wichtige Geschäfte! Ha!

In aller Herrgottsfrühe wurde dann auch die LoPol*in gegen 10:30 Uhr am Flughafen abgesetzt. Da die Gasflasche in unserer Unterkunft am Morgen letztendlich total ausgefallen war, musste sie den Heimweg ungewaschen und ohne richtigen Morgenkaffee antreten. Das ist Karma. Auf mich wartete der Ätna und zwar ganz oben!

Wir kurvten also direkt vom Flughafen über weitere Serpentinen des Grauens hinauf zur Talstation der Seilbahn. Rein in die Gondel. Oben ausgestiegen, rein in den UniMogBus. Ein Stück weiter gerumpelt. Tür auf - Aufstieg geschafft - Hallo 2900 m !  Na das war ja leicht!  Höher gings nicht. Ringsherum: Nebel und 2°C.  Deutschland wir kommen! Oben ging es bei extrem starken und kaltem Wind 20 Minuten durch den Nebel/die Wolken. Ein Bergführer erklärte und auf Italienisch, französisch und Englisch was wir alles nicht sahen und schon waren wir wieder zurück im UniMogBus, bei der Bergstation, .... nein! nicht gleich in den Gondel. Wisst Ihr, wie kalt das da oben war? Wir brauchten erst einmal einen Grog un/oder eine Glühwein. Gab es aber nicht. Da musste eben Kaffee reichen. DANN: Postkarten schreiben, bevor es zu spät ist! Und dann erst rein in die Gondel und hinab zur Talstation . Dort war es a) wärmer und b) sah man etwas. Darum entschieden wir uns, noch einen kleineren Vulkankrater zu umrunden. Nur schnelle eine 200m lange 45°-Steinkohlestaubrampe hoch, Aussicht genießen und wieder hinunter. Dann ans Meer.

Am Meer hatten wir uns dann ein Eis verdient, welches wir bei herrlichen 25°C genüsslich leckten. Noch ein, zwei Kirchen angucken und ein gutes Essen und der Tag war vorbei. Zeit, um eine erste Bilanz zu ziehen. Aber die bleibt unter uns. 

Mittwoch, 19. Oktober 2016

Catania eben

Der Tag begann mit ein wenig Organisationskram.

Aber dem vorgeschaltet war der obligatorische Aufwachkaffee am/im Bett und ein ausgiebiges Frühstück. Dann mussten schlechte Nachrichten vernommen, verarbeitet, bearbeitet und gute Laune wieder hergestellt werden. Außerdem ein Auto zurück gegeben werden und rechtzeitig beim Fischmarkt gewesen sein. Um 13:00 Uhr hatten wir all das geschafft und wir begannen unsere Erkundungstour durch Catania.  

Lag es an dem holprigen Tagesstart mit dem Vorgeschmack auf das Ende unserer Tage hier oder liegt es an der Stadt: Catania hat uns jetzt nicht wirklich umgehauen. Am besten ist eigentlich der Fischmarkt gewesen mit seinen umwerfend vielfältigem Angebot: Muscheln, kleine Fische, große Fische, riesige Fische, Kraken, Seetang, Schnecken. Dazwischen Obst, Gemüse und Gewürze

Trotzdem, wir waren uns einig, dass der Tag nur durch ein komplettes Reboot zu retten war. Also legten wir uns alle wieder in unsere Betten und wagten eine Stunde später einen Neustart, der dann auch ganz gelungen war. Weil die Regel besagt, dass erst nach 10.000 absolvierten Tagesschritten eine Eis drin ist. brauchten wir noch dringend einen zweiten Stadtspaziergang. Catania wurde dadurch allerdings nicht wesentlich besser.  Aber ich bemerkte, dass ich etwas zus stark in den Erholungsmodus abgeglitten sein musste, denn trotz der überaus aufmunternden Motivation der LoPol*in hatte ich irgendwie null Lust auf Shopping. Ich mache mir Sorgen.

So hatte ich mir das nicht gedacht ! (Zwischenmeldung)

Also, eigentlich dachte ich, sich nun das Tempo hier etwas beruhigt und ich hier und da ein wenig Zeit  (und Restkraft) finde, um ein wenig von der DoRM etc. zu berichten. Aber seit die Lokalpolitikerin hier eingetroffen ist, ist ein Ungleichgewicht zwischen der gemütlichen Börde und dem umtriebigen Eichsfeld entstanden, dass mir so gar nicht gefallen kann. Ständig ist etwas zu tun. Der CdM und die LoPol*in setzen ihr Ränzlein quasi niemals ab!

Ich werde stark sein und heute Abend schreiben und bitte so lange noch um etwas Geduld.

Ich muss ...

Dienstag, 18. Oktober 2016

Zurück zur Natur oder Vom schwächsten Glied der Kette

Ich hatte mich ja schon seit einiger Zeit gefragt, ob mit dem Chef de Mission wirklich alles in Ordnung ist. Seit Tagen, eigentlich Wochen, war um ihn nur Stein und Stadt und ich und wir. Der Zeitpunkt, von all dem die Nase so richtig gestrichen voll zu haben (also seine Nase, nicht meine), war doch schon seit gefährlich langer Zeit überschritten. So war ich darauf vorbereitet, als es dann hieß: "Ich kann keine Steine mehr sehen. Ich habe genug!" Und zu meinem großen Erstaunen war auch die LoPol*in völlig dieser Meinung (Wir erinnern uns: Sie hatte ja schon Palermo und Cefalu nachgeholt). Und jetzt stelle man sich vor, dass keine weiteren Worte notwendig waren. Traute Einigkeit bei minimalem Argumentationsaufwand. Ich war platt.
Aber wir wissen, ja, wie es um die Enden der Gaußschen Kurve bestellt ist. Alles im grünen Bereich. Einmal aufgestellte Theorien aufgrund ausführlichster und sorgfältigster empirischen Studien mussten wegen eines so kleinen Ausreißers nicht über den Haufen geschmissen werden. Aber ich beschloss, das im Auge zu behalten. Bei 3 musste man ja von einer Serie und damit von der Hinfälligkeit meiner schönen Theorie ausgehen. Das wäre ja eine schöne Pleite. Müsste ich noch einmal denken. Nein, nein, nein, dass wollen wir nicht. So im Urlaub hat man ja andere Dinge zu tun.

Andere Dinge tun, wie z.Bsp, über Alternativen zu Stadt, Stein, Barock und Griechen etc. pp.  nachzudenken. Nach längerem hin und her zwischen AufwachKaffee, Frühstück, Kofferpacken und Verabschiedungsritual von Klaus und Klaus, den beiden äußerst braven, aber riesigen Hunden unserer B&B-Gastgeberin, hatten wir uns zur Wanderung in den Schluchten  der Monti Iblei mit Besichtigung der Gräberstadt von Pantalica entschlossen. (Klang ja irgendwie wie Metallica, vielleicht Metal auf der  Panflöte = Pan Tallica)

Die DoRM hielt für diesen Fall natürlich eine vorgeplante Wanderroute parat. Da die Diskussion zum Thema: Wohin? doch einige Zeit in Anspruch genommen hatte und die Wanderung - mindestens zweien von uns dreien - übertrieben lang vorkam, entschieden wir uns für die Hälfte der Strecke.

Nach einer guten Stunde Fahrt waren wir auf dem Parkplatz und machten uns auf den Weg. Wir hatten genau 2,5 Stunden, denn wir mussten pünktlich um 19 Uhr in unserer Unterkunft in Catania sein. Es ging bergab!! Der gut unterrichtete und aufmerksame Leser sieht hier genau die roten Alarmsignale, die mir an dieser Stelle leider entgangen sind. Ohne Arg stiegen wir in die Schlucht hinab. Unser Weg führte uns vorbei an Bestattungshöhlen. In dem ganzen Gebiet sollen es 9000 Stück sein. Schweizer Käse also. Der CdM war begeistert, der Rest damit beschäftigt, jedem Wegweiser eine peinlichst genaue Prüfung zu unterziehen: Immer schön auf dem vereinbarten Weg bleiben. In praller Sonne war das eine echte Herausforderung. Aber wir schafften es in die Talsohle.

Hier hieß es links abbiegen und weiter durch den Tunnel und bis zum nächsten Tunnel. Vor diesem allerdings wieder links abbiegen. Die LoPol*in und ich gingen vor. Der CdM war hinter uns. Was an sich schon verwunderlich war.
In den vergangenen zwei Wochen habe ich den Chef de Mission hauptsächlich von hinten gesehen, weil er immer mit großen Schritten voran stürmte. Auch wenn ich zugebe, dass es weit schlechtere Ausblicke gibt, war mir der Sinn nie ganz klar geworden. Da aber unser Gehirn (und meins schient dafür besonders ausgelegt zu sein)  nun mal so gebaut ist, dass es neue, unbekannt Informationen irgendwie  an vorhandenes Wissen anknüpft, denke ich, dass er einfach nach der besten Eisdiele ausschau hielt oder einfach pünktlich zur Stelle sein wollte, falls eine gefährliche Straßenkatze aus dem Hinterhalt über uns herfallen wollte. Oder falls die Phönizier mal gerade jetzt wieder ein Versuch unternehmen würden, sich die Insel unter den Nagel zu reißen. Irgend sowas muss es sein Vielleicht suchte er aber auch nur nach einem Fluchtweg?!  Das muss offen bleiben.

Zurück zum Tunnel 2: Wir sahen vor dem Tunneleingang den beschriebenen Wanderweg. Mit der überaus überraschenden Sachlage, dass der CdM ca. 15- 20 Meter hinter uns ging und unserer geheimen Fähigkeit zum Kartenlesen gepaart mit einem verzweifelten Anflug von größenwahnsinniger Bereitschaft zum absoluten Risiko. Ein Blick zwischen der LoPol*in und mir genügte und wir waren bereit alles zu wagen und einfach geradeaus in den durch den Tunnel zu gehen. 500m-Weg-Ersparnis winkten. Wir waren uns ohne Worte darüber im Klaren, dass diese Entscheidung  von uns ein Maximum an Eigeninitiative, FrustrationstoleranzAngst­beherrschung, Mut und vor allem die Bereitschaft zur Akzeptanz eines etwaigen Scheiterns und dessen Folgen forderte. Aber wir schritten mutig voran, denn eine zweite Chance würde es nicht geben. Der CdM so weit hinter uns, zwei gegen einen. LOS!

Als der CdM die Lunte roch, waren wir schon in der Mitte des Tunnels. Wir waren siegessicher. Der CdM, der alte Fuchs, analysierte die Lage blitzschnell, wog seine Optionen ab und fand die schwächste Stelle im Plan. "HAAAA-LLOOOO! HAECKLA! Ihr seit falsch!" Durch diese gezielte, unüberhörbare und höchstpersönliche Ansprache brachte er unsere Mission  zu Fall. Die LoPol*in rief noch "Nicht hinhören! Das war nur ein Rauschen im Bach!". Nach Blitzeinschätzung der Lage ihreseits, versuchte sie noch mit einem "Wir gehen NICHT zurück! Wir sind zwei!  500 Meter!!!!" zu retten, was nicht mehr zu retten war. Zu spät: Wir drehten bei, liefen zurück, bogen (jetzt) rechts ab, trotteten geschlagen 2 weitere Stunden über Stock und Stein, hauptsächlich bergauf, hinter dem gut gelaunten CdM her. Holten uns nasse Füße beim durchqueren zweier reißenden Flüssen und erreichten nach zwei bis drei Ewigkeiten entkräftet die Autos Dann ging es erschöpft nach Catania. Dort wurden wir allerdings mit einem sehr ausgiebigen und extrem leckeren Essen belohnt.

Montag, 17. Oktober 2016

Heuristik? Anti-Heuristik? Oder was?

Der erste komplette Tag in großer Runde begann, wie es sich gehört, mit einem Kaffee am/im Bett und endete mit einem vollem Bauch und einem zufriedenen Lächeln im Gesicht.

Im Großen und Ganzen ein unaufgeregter Tag. Mit Siracusa stand wieder einer große, bedeutende, barocke Stadt auf der DoRM-Liste. Wir hatten eine lange Liste mit Sehenswürdigkeiten auf dem Programm: Alte Steine, Barocke Steine, Papyrus und St. Lucia. Am Nachmittag sollte es dann profaner weitergehen mit: Fischhalle und Eisdiele. (Ich weiß nicht, ob es nur mir auffällt, aber die Tagespläne werden immer unpräziser.)

Beim kurzen Tagesbriefing nach dem Frühstück, wusste ich allerdings noch nicht, welches die Hauptsehenswürdigkeit sein würde, die ich den ganzen Tag lang bestaunen und ergründen dürfen sollte. Es handelte sich da um eine Art immaterielles Kulturgut. Mir war schnell klar, dass es sich hierbei  um eine uralte Tradition handeln musste.  Mir fiel es allerdings schwer, das Ding beim Namen zu nennen. Ich kann vorerst nur beschreiben, was ich in mehrfacher Wiederholung über den Tag verteilt beobachtet habe. Es war eine strikte Systematik zu erkennen. Sie sieht in etwas so aus:  "Ich will A!"- "Nein, dass ist doch doof. Lass uns doch lieber A machen." - "Das will ich nicht. Wir wissen aber beide, dass wir ohne Zugeständnisse hier nicht weiter kommen" - "Ja, dass weiß ich auch" - "Dann schlage ich vor, wir machen A." - "Nein, ich denke A ist besser" - "Gut, dann machen wir A". Könnte es sich hier um  so etwas wie Anti-Heuristik handeln?

Aber ich sagte ja schon, dass es am Ende immer gut war. Musste eben einfach mal darüber gesprochen werden. Nachdem alle die Nase voll hatten Steinen und Kirchen, ging die LoPol*in in sich und der CdM noch einmal ins Meer baden. Frisch erholt setzten wir unseren Plan, heute Abend zu kochen, um und da kam es dann doch noch unvermeidlichen zu einem kleinen Wettkampf. Jeder war für einen Gang verantwortlich. Ich finde ja, der 2. Gang war mit Abstand der beste. Basta - keine Diskussion!

Sonntag, 16. Oktober 2016

Kleine Fische vs. Lokalpoltikerin

Mit der Lokalpolitikerin (LoPol*in) war ausgemacht: 14:30 Uhr, Noto!

Wir hatten es ja nicht so weit, darum konnte die DoRM ohne jegliche Einschränkung abgearbeitet werden: Erst Modica, dann Noto.  Also los! In Modica sahen wir uns wieder alle möglichen Kirchen an, stiegen 250 Stufen hoch und dann an anderer Stelle wieder runter. Soweit nichts Neues. 

Auf dem Weg nach unten kam uns eine Großfamilie entgegen: Vom Kleinkind im Kinderwagen bis zur rüstigen Großmutter. Insgesamt so knapp 10 Leute. Alles im bunten Sprachgemisch. Wir wurden angesprochen, ob es noch einen anderen Weg, als die Treppen nach oben zum Dom geben würde. „Ne, gibt es nicht!“. Aber die Familie schnappte sich pragmatisch kurzerhand immer zu zweit einen der Kinderwagen und hoch die Stufen!

Da taucht plötzlich eine ältere Dame am Ende der Stufen auf, setzte sich auf den Bordstein und brüllt die Stufen hinauf: „Ich bleib hier sitzen!!“ Die Großfamilie von oben: „Ach los komm schon!“ Von unten: „Arreviderci!“ – Als sie uns sieht, fragt sie: „Gibt es da oben ein Café?“ – „Nein“ – „Eis?“ – „Nein“ – „Eine Kirche?“ – „Ja“ – nach oben gebrüllt „Ich bleibe hier“.  Ich weiß nicht, was dieser wissend-leidende Blick, den mir der CdM da auf einmal von der Seite zuwarf,  zu bedeuten hatte!

Es war Sonntagmittag, wir wollten nur noch schnell ein Kaffee und dann war es auch schon höchste Zeit, aufzubrechen, um die LoPol*in nicht warten zu lassen. Aber noch lagen wir prima im Zeitplan. Das mit dem Kaffe gestaltete sich allerdings etwas schwieriger, als gedacht. Am Ende fanden wir eine einladende Frittenbude, die uns mit fettigem Fisch köderte. Danach waren wir doch etwas durstig und kauften uns im Krämerladen nebenan zwei kleine Bier. Dann der Blick auf die Uhr: O wir waren bereits knapp dran! Schnell das Bier trinken und los. Wer schon einmal hektisch eine ganze Flasche Bier, auch wenn es nur eine klitzekleine war, hinuntergekippt hat, wie wir, der weiß, wie es sich dann anschließend anfühlt. Mit einer peinlichen, aber unvermeidbaren Geräuschkulisse erreichten wir das geparkte Auto.

Am Ende kamen wir doch viel zu spät, weil wir ob des Bieres dann doch noch eine Kaffeebar ansteuern mussten. Die LoPol*in nahm es jedoch mit Fassung und aalte sich schon einmal in Noto auf den  Stufen des dortigen Domes. Der CdM schmettert seine gute vorbereitete und sorgsam einstudierte Rede: „SALVE!“ und nach einem Entschädigungscampari-Soda ging es noch gemeinsam durch die obligatorische Kirchenlandschaft in  dem wirklich sehr schönen Noto. Anschließend kurz zum Strand und auf zu unserm „Lovely Cottage“ bei Syrakus.

Unterwegs sahen wir eine kleine nette Pizzeria und da es schon spät war, schlugen wir vor, dort zu essen. Aber hier geht ja nix ohne de DoRM, aber die wirkliche Macht im Hintergrund heisst: GoogleMaps. Grundsätzlich stimmte der CdM unserem Vorschlag zu, aber behielt sich vor, doch lieber noch einmal bei Frau Google nachzufragen. Das Ergebnis nach 15 Minuten  Gogglebesprechung, die sich wie 1,5 Stunden anfühlte: Nein, geht nicht! Frau Google hat einen Gegenvorschlag gemacht. Tolles Restaurant mit 4,irgendwas Punkten und 20%-Rabatt. Egal, wir waren zu hungrig zum Widerstand, also hin! 

Ich denke, Frau Google müssen wir noch einmal zu einem Kochkurs schicken und vielleicht auch zu einem Benimmkurs. Mein Essen war nur salzig, das der anderen ging so. Das Wasser landete nur teilweise im Glas, der größere Teil auf der LoPol*in. Keine Entschuldigung oder auch nur eine neue Flasche Wasser. Nein, Mr.20-Prozent fand das unerheblich. Naja, da weiß man wenigsten wieder, was man sonst so für ein Glück hat. 
Dann doch lieber zurück in unser liebliches Gartenhäuschen und auf der Terrasse, in der jasmingeschwängerten Nachtluft ein letztes Glas Wein. Keine Angst, selbstverständlich nur das letzte Glas für diesen Tag! Und Ab!

Samstag, 15. Oktober 2016

Von Kommissaren, Bräuten und ganz großen Rednern

Ich möchte mich hier zu meiner Leidenschaft für die Montalbano-Krimi-Reihe von Andrea Camillieri bekennen. Alle Bücher spielen alle auf Sizilien und Salvo Montalbano ist ein launischer Kriminalbeamter.

Schon in der Reisevorbereitungsphase habe ich mich ja heimlich über den PC in die Sizilienkarte des CdM geschlichen und die wichtigsten Schauplätze der Bücher/Filme mit dem Symbol: "Buch" eingezeichnet.  Und prompt gab es doch irgendwann ein verblüfftes Stutzen beim CdM ob des unbekannten, von ihm nie verwendeten Piktogramms. „Was ist denn das?“
Ich erklärte es ihm natürlich umgehend und auch das ihm ebenfalls nicht bekannte Symbol "Einkaufstasche", welches ich ebenfalls an den relevanten Stellen in der Karte eingezeichnet hatte.

„Aha!“. Hmm … das hörte sich irgendwie nicht nach einem Punktsieg für mich an. „Das mit dem Kommissar … wie hieß der gleich? … können wir ja machen.“ Wieder einmal ein Beispiel für die manchmal mehr, manchmal weniger elegant ausgeprägte, aber immer vorhandene Fähigkeit des CdM ein kategorisches „Nein!!!“ zu umgehen. In diesem Fall hat er jedoch sein ungesagtes „Nicht in tausend Jahren fahre ich in das Sicily-Outlet-Village!!! Niemals!!! Nie!!!“ mit einer Montalbano-Tour durch Ragusa Ibla (in der Stadt, in der die Filme gedreht werden) erkauft. Ich verbuchte das mal als ein 51%-Sieg für mich auf ganzer Linie!

So stapften wir durch das malerische Ragusa Ibla, welches sich an einen steilen Hang anschmiegte und über viele Stufen von der Oberstadt in die Unterstadt führt. Wie in jeder Stadt in Italien, ist die Kirchendichte immens. Wir haben uns alle angesehen. Das heißt, alle die offen waren. Ich weiß nicht, ob Ragusa eine besonders romantische Hochzeitsstadt ist oder ob in Sizilien einfach nur alle 5 Jahre geheiratet werden darf und dann auch nur im Zeitraum 1.-20. Oktober, aber es waren in jeder der Kirchen mindestens eine Hochzeit. 

Und Hochzeit auf sizilianisch bedeutet: Gib alles. Alles war sehr aufwendig geschmückt und dekoriert und an allen Ecken knallten Konfetti-Flackgeschütze und überall auf den Treppen Frauen in großen weißen Kleidern umringt von Fotografen und im Dom spielen sie zum Auszug „Tochter Zion“. Sehr schön, das Ganze.

Und schwups ist der Tag schon um und auf den Treppen finden sich plötzlich sehr viele Stände. Dort werden lokale Leckereien vorgestellt und zum Verkauf angeboten. Also besser kann das noch nicht mal die DoRM vorplanen. Am Ende haben wir die Bäuche schon zu voll, um noch das 4,5-Bewertungspunkte-Restaurant in Comiso auszuprobieren. 

Lieber etwas Obst und faul und früh ins Hotel. Der kommende Tag ist wichtig und der CdM muss noch seine landestypische, aber nicht provinziell daher kommende und gleichzeitig knackig-prägnante Willkommensrede für die Lokalpolitekerin (LoPol*in) üben, die morgen erwartet wird. Und wir wissen alle, dass es dem Chef de Mission schwer fällt, seine Worte bei offiziellen Reden zu zügeln und im Maß zu halten. 


Freitag, 14. Oktober 2016

A … wie Agrigento, B … wie Barock, E … wie Erdbeben und G … wie Gruseliges

Nach unserem bildungsintensiven Tagen rund um alte Steine, Griechen und Phönizer sah die DoRM als Schwerpunkt unserer letzten Woche erst einmal den Südosten Sizilien, sowas wie das Barockviertel der Insel, vor. Da ja gutes Lernen immer fachübergreifend und ganzheitlich erfolgt, mussten wir uns nicht nur mit Kunstgeschichte, sondern auch mit Geologie und schnöder Geschichte befassen. 

1693 gab es in der südöstlichen Ecke von Sizilien ein großes Erdbeben, welches so ziemlich alles an Häusern und Bauten platt machte. Zum Glück hatten die Sizilianer aber vorher ihre Säckel ordentlich mit Geld füllen können. So konnten Sie, in den Trümmern stehend, mächtig aus den Vollen schöpfen. Es wurden also keine Kosten und Mühen gescheut und die Städte wurden innerhalb kürzester Zeit wieder komplett neu, im neusten Baustil - quasi allerletzter Schrei -  also im Barock aufgebaut. Aufgrund der einheitlichen Bauweise gibt es hier darum heute keine Stadt, die ohne UNESCO-Kulturerbe-Titel dasteht: Agrigento, Ragusa Ibla, Modica, Noto, Syracusa.   Und wir haben sie alle gesehen! Alle! Aber der Reihe nach. Wir starten bei A wie Agrigento.

Los ging es direkt nach unserem zweiten Frühstück in der Neubau-Pension in San Leone, einem Badeörtchen bei Agrigento. Frühstück in italienischen B&B’s sind ein wenig wie Frühstück im Knast. Man sitzt an einem Tisch und um einen herum stehen die italienischen Aufseher und schauen Dir beim Essen zu.  Mitgegessen wird nicht, nur daneben gestanden. Oft ist es in den kleinen Unterkünften auch so, dass die Herbergsleute kein Englisch sprechen. Da es aber zum guten sizilianischen Gastgeberton gehört, die Gäste auch zu unterhalten, haben wir eine schwierige Situation. Aber zum Glück gibt es eine Lösung. Die rührenden Gastgeber haben den GoogleTranslater mit Spracherkennung für sich entdeckt. 

Ein gepflegtes Frühstücksgespräch kann man sich darum so vorstellen: Die Gastgeber erzählen etwas hochinteressantes, in leidenschaftlichen Italienisch. Wir sehen sie dabei gefesselt, gebannt und aufgeschlossen an. Verstehen aber nix. Wird das Ganze eben wiederholt. Dieses Mal mit Hände, Füßen und in breiterem Italienisch. Wir: gebannt, gefesselt, mit weit hochgezogenen Augenbrauen, aber verstehen immer noch nix.  Dann holen unsere Gastgeber ein Handy aus der Tasche und sprechen italienisch mit dem Ding. Dann halten Sie es uns unter die Nase und das Handy spricht mit uns. In Englisch. In der Regel klappt das Gespräch ab da ganz gut, wenn auch etwas schleppend.  Ich frage mich bis heute, warum sie den GoogleTranslator nicht auf Italienisch-Deutsch einstellen, aber egal, hat ja hin gehauen!

Nach genauso einem typischen B&B-Frühstück ging es dann für uns hinauf in die Stadt Agrigento. Irgendwie ist es uns bis zum Ende nicht gelungen, uns an den italienischen Tagesablauf mit dieser langen Mittagspause zu gewöhnen. Immer wenn wir endlich auf der Piste sind: Türen zu! So auch in Agrigento. Darum sind wir nur durch die Straßen gestreunt und haben Katzen gefüttert. Plötzlich trafen wir auf eine kleine Kirche, deenr Türen doch tatsächlich noch offen waren: Chiesa St. Maria de Greco (oder so ähnlich war der Name). 

Eine römisch-katholische Kirche, die vormals eine Athene-Tempel, dann eine Normannische Hauptkirche und dann eine griechisch-orthodoxe Kirche gewesen war. Und das Schöne an diesem klitzekleinen Kirchlein ist, dass man all dies noch sehen konnte. Etwas Interessantes gab es noch zusätzlich: Ein Teil des Fußbodens war aus Panzerglas und darunter sah man einen Raum, in dem einmal komplett rundherum steinerne Stühle eingehauen waren und in der Mitte des Raumes war ein kopfgroßes Loch im Fußboden. 

Wir bekamen von einer sehr netten jungen Frau die Erklärung, dass die Priester der Kirche nach ihrem Ableben dort hingesetzt wurden. Vorher wurden ihnen ihre Innerreien herausgenommen, ihre Bäuche mit Stroh ausgestopft und dann wurden Sie noch mit Essig übergossen. Dann sitzen. Ca. 1 Jahr. In dieser Zeit suppten sie da einfach vor sich hin und alles was da so aus ihnen heraus floss, wurde durch das Loch im Boden abgeleitet. Ich frage mich nur wohin. Das musste sich der CdM natürlich von Nahen ansehen. Also runter in den Keller. Zum Glück konnte man nicht Probesitzen. Dieses, beim CdM immer wieder aufflammende starke Interesse am Morbiden, ist mir schon mehrfach aufgefallen. Ich muss das im Auge behalten und darüber nachdenken. Wenn ich mich nicht gerade grusele.

Nachdem wir den nekrologischen Nachgeschmack mit etwas Schinkenbrot und Bier herunter gespült hatten, ging es noch zum Dom. Natürlich bergauf. Ich habe mittlerweile die Theorie entwickelt, dass es mit dem CdM immer bergauf geht. Ich habe keine Ahnung wie er das hin bekommt. Es muss eine Mischung aus: „Gehe niemals einen Weg zweimal!“, „Mal gucken, was da oben ist!“ und geschicktem Außerkraftsetzen der Naturgesetze sein. 

Egal, es ging bergauf und oben war sogar der Dom geöffnet. Zur Hälfte wenigstens. Und da ging es weiter mit der Morbidität: Kreuzritter in voller Montur im Glassarg, voll ausgeleuchtet mit kleinen Bildern an der Sarginnenwand. Irgendwie, wie Puppenstube mit Leichnam. Hmm ….

Blieb nur: Wieder was zum Essen einkaufen und mit einem Bier diese ganzen Eindrücke wegspülen. Am besten an einem schönen Strand, wo sich gleich noch ein prima Mittagsschläfchen anschließen konnte. Gesagt, getan.

Am Ende des Tages kamen wir dann in Comiso an. Auch ein Barockstädtchen. Auch erdbebengeschädigt und so weiter. Gegessen hatten wir ja eigentlich schon genug, aber der CdM hatte von seiner Freundin Frau Google geflüstert bekommen, dass es in diesem kleinen Städtchen ein Restaurant mit einer 5,0 Bewertung gäbe. „Das habe ich ja noch nie gesehen! – Das müssen wir uns mal ansehen!“. 

Also eine Runde durch die Stadt. Nix gefunden. Am Ende ließen wir uns am Tisch eines kleinen Streetfood-Ladens auf die Hocker fallen, an dem wir schon 2x vorbei gestiefelt waren. Ein Absackerbier war angesagt. Und als dann die Karte vor uns lag, lasen wir doch, dass wir das 5,0-Restaurant soeben gefunden hatten. Mussten wir natürlich noch ein wenig austesten. Dann ging es in unser neues B&B. Zimmer 1, Erdgeschoss, Straßenhöhe, direkt zwischen Eingangstür und Eisentreppe, die zum Frühstücksraum hinab führte. Tja!

Donnerstag, 13. Oktober 2016

Der dorische Eckkonflikt

Ich gebe zu, vor diesem Tag hat es mich etwas gegruselt. Die DoRM sah die Besichtigung desTal der Tempel in Agrigento vor. Eigentlich war das mal eine Stadt der Griechen. Ihr kennt das Spiel. Griechen versus Phönizier, Aufbau, Abriss, etc. Eigentlich war da also die großartige Stadt Akragas mit Tempeln über Tempeln und jeder Menger Bürger und Häusern usw. Das bekannt Problem, dass nur Steinhaufen übriggeblieben ist, ist ja nun auch schon bekannt. Aber wir hatten schon um 10 Uhr 30 Grad im Schatten. Und da wären wir ja schon bei der Hauptherausforderung des Tages: Schatten! Wo kein Stein mehr auf dem anderen und auch keine großen Bäume wachsen, ist der natürlich eine echte Mangelware. Also unbedingt Sonnencreme und Hut.

Gut ausgerüstet machten wir uns auf den Weg. Alles ging gut, bis zum Eingang. Vor uns stand eine kleine Schlange. Durch die Menge war eine Frauenstimme zu hören, die ohne Unterlass quakte: „Knife? No Knife? Knife no! Bag? Open! Pacemaker?“.  Alle Taschen wurden gewissenhaft inspiziert, jeder mit einer Strahlenkelle durchleuchtet und dann mit einem freundlichen: „Have fun“ verabschiedet. Entsprechend langsam rückten wir in der Schlange unter diesem Singsang und Prozedere millimeterweise nach vorn. Endlich war der CdM dran. 

Wir erinnern uns: in seiner Zusatzeigenschaft als Major Reiseleiter hat er ja immer ein kleines blaues Taschenmesser bei sich zu tragen. Vorschrift! Hatte er ja auch schon aus seiner Tasche gekramt, um es vor zu zeigen. Wie er es auch bei den Sicherheitschecks am Flughafen so macht. Vor uns keine Frau, sondern ein Mann in schicker Uniform der etwas alarmiert auf das kleine blaue Messerchen blickte, einmal tief durchatmete, den ca. 2 Köpfe größeren CdM aka Major Reiseleiter fest mit kleinen zu autoritärsten Schlitzen verengten Augen anblitze und bestimmt herausquakte: „Knife? No Knife!!! Knife no! Bring das sofort weg, Froindchen und dann stellst Du Dich ordentlich wieder hinten an!“ Ich stand daneben und kann Euch sagen, jeder wäre widerspruchslos gegangen!


Beim zweiten Anlauf, war nichts weiter zu beanstanden und wir durften uns ins Tal der Tempel begeben. Wir hatten beschlossen, erst einmal ganz durch zu gehen und uns dann Tempel für Tempel zurück zum Ausgang fallen zu lassen. Wir waren fast 6 Stunden unterwegs. Am meisten beeindruckt haben uns allerdings die frühchristlichen Katakomben, die, nachdem die Stadt aufgegeben war, dort errichtet wurden. Ein einzig riesiger Friedhof. Aber wo bei uns Erde ausgehoben wird, musste hier erst einmal ein entsprechend großes Loch in Fels geschlagen werden.  Und es waren endlos viele Löcher. Schweizer Käse quasi.

Die Tempel beeindruckten uns natürlich, aber am meisten beschäftigte uns die Frage, wie denn am besten der dorische Eckkonflikt zu lösen sein. Eine ganz schön kniffelige Aufgabe. Über das ganze archäologische Areal fegte ein heißer Scirocco und die Hüte mussten festgehalten werden oder flogen in der Gegend herum.



Nach den 6 Stunden waren wir etwas platt und wollten ans Meer. Die DoRM sah vor: Türkentreppe. Ein großer flacher Kalkfelsen, der vom Meer und Wind stufenförmig ausgewaschen ist. Wir mit Proviant hin. Natürlich mussten wir auch hier erst einmal 50 Höhenmeter überwinden. Aber das war zu schaffen und wurden mit einem schönen Picknick belohnt. 



Dann ging es wieder zurück und bei einem Eis vom – so schworen es unsere Gastgeber – besten Eisladen auf der ganzen Insel, hatten wir es endlich!  Wenn man einfach die beiden Eckjoche ein wenig enger und gleichzeitig die Eckmetope etwas breiter arbeiten würde, dann müsste der dorische Eckkonflikt doch gelöst sein. Wer sagt es denn: Die einfachsten, sind doch immer noch die besten Lösungen!




Mittwoch, 12. Oktober 2016

Kein Stein mehr auf dem anderen


Immer wenn man sich einigermaßen an ein Bett gewöhnt hat, heißt es: Koffer zu, weiter auf der Piste! Nach einem netten Frühstück mit allen Pensionsgästen an einem Tisch packten wir alles zusammen, beluden unseren Kleinen Franz (Fiat 500) und machten uns auf die staubigen Straßen noch weiter nach Westen. Dann bogen wir leicht nach Süden ab. Nach einem Stopp an einem Straßencafé erreichten wir nach kurzer Fahrt Selinunte. Auf dem Parkplatz erwischte ich den CdM eiskalt. Heute war der Tag gekommen, an dem ich meine ultimative Geheimwaffe zum Einsatz bringen konnte: Der Selfie-Stick. Peinlicher geht es nicht! Die Zeit der alten Steine konnte beginnen. Selbstverständlich begleitet von mächtigem Kopfschütteln. Ich bin es ja schon gewohnt, den CdM bei Erkundungen immer von hinten zu sehen. Er stürmt immer mit wehenden Fahnen voran. Dieses mal schien mir, dass da ein gewisser Verdrängungswunsch a lá: „Wen meinen Sie? Die Frau dort hinten? Kenn ich nicht! Noch nie gesehen!“



Aber am Ende siegte seine Neugierde. Und da ich die Wissensträger in der Tasche hatte, musste er sich wohl oder übel irgendwann zu mir und dem Selfiestick bekennen. Aber er behielt beflissen die Sonnenbrille auf. Wir mussten uns richtig ins Zeug werfen und im ganzen Internet recherchieren, um das mit den Griechen und Phöniziern und dem ganzen Ärger zu verstehen. Kurz gesagt, Sizilien wollte jeder mal haben und vor ganz schön langer Zeit (vor ca. 2500 Jahre) stritten sich die Griechen und Phönizier. Und immer, wenn einer dem anderen eine mitgegeben hatte, wurden Tempel und Städte gebaut. Die wurden dann wieder einige Zeit später von dem jeweils anderen wieder nach der nächsten Schlacht wieder plattgemacht und etwas Eigenes gebaut. Auf diese Weise entstanden zeitweise sehr reiche Städte mit jeder Menge Tempel. Aber gepaart mit dem Aufbauen, Erobern, Abreißen und dann wieder von vorn und noch dem einen oder anderem Erdbeben sind letztendlich nur gigantische Felder einzelner Steine geblieben. Lego für Riesen.


Später haben sich dann wiederum Leute gefunden, die mit den Steinen wirklich etwas anfangen konnten und es fertigbrachten, dass eine oder andere wieder zu aufzurichten. Daraufhin kamen wiederum andere, die daran rummeckern. „Nicht authentisch! Falsche Steine genommen“ und so weiter. Uns war das ziemlich egal. Sowohl die unendlichen Trümmerfelder, als auch die wiedererrichteten Teile faszinierten uns. Wir spazierten bei heißen Temperaturen, aber mit erfrischendem Meerwind stundenlang durch das Areal. Tempel A-G, alles sahen wir uns an.






Danach ging es für ein Mittagsschläfchen an den Strand. Ausgeruht entschlossen wir uns, da der Selfie-Stick ja nun mal in der Welt war, ein Foto zu machen, dass die Zuhausegebliebenen so richtig neidisch machen würde. Gesagt, getan.

Dieses Foto darf unter Androhung einer Unterlassungsklage weder in Deutschland noch in einem anderen Teil der Welt gezeigt werden.

Schön. Das haut hin.

Dann also weiter nach Sciacca (ausgesprochen: Schacka! – Herrlich, meine Stadt!). Dort stiefelten wir noch etwas herum. Auf der Piazza standen riesige Gummibäume. In denen saßen tausende Spatzen und machten einen unglaublichen Lärm. Noch ein Kaffee und ein Wein und dazu ein wunderschöner Sonnenuntergang. Dann mussten wir weiter. Unser Tagesziel Agrigento, genauer San Leone, wo unsere Pension war.



Im Dunklen kamen wir an und fanden uns in einer Art Neubauwohnung wieder, in der eine Wohnung zu einer Minipension mit 3 Zimmern umgebaut war. Seltsam, aber wir wurden sehr nett empfangen und bekamen in radebrechenden Englisch und mit Händen und Füßen eine Restaurantempfehlung, die wir auch gleich ausprobierten. Fisch in allen Variationen. Lecker. Gestärkt gingen wir ins Bett. Denn die Steinzeit war noch nicht ausgestanden, sondern sollte am kommenden Tag im Tal der Tempel seinen Höhepunkt finden. Darum besser schnell die Augen zu.

Dienstag, 11. Oktober 2016

Im Westen ist alles besser


Ich hatte es ja gewusst: Endlich im Westen!

Die DoRM war ja in den letzten Tagen etwas in den Hintergrund getreten und hatte sich nicht unangenehm zu Wort gemeldet. Aber heute ging es nicht anders. Erster Programmpunkt des Tages: Weinprobe. Marsala ist ja schließlich eine weltberühmte Weinstadt.  Da beißt die Maus keinen Faden ab. Einzig das Frühstück wurde vorher noch genehmigt. Lange suchen mussten wir nicht, der CdM war optimal vorbereitet. Um 11 Uhr sollte die Führung beginnen. Angekommen, stellte sich heraus, dass es nur Führungen auf Italienisch gab. Aber das hält ja keinen CdM auf! Schließlich geht es ja ums trinken und nicht ums quatschen. 

Naja. Wir mussten uns trotzdem 60 Minuten lang einen charmanten Vortrag (ich vermute über Marsala) anhören, bevor wir dann am Ende der endlosen Keller, die mit Fässern, Pistolen, Säbeln und Gedenktafeln für Besuche von König Emanuelle III und Mussolini, als auch (undatiert) von Garibaldi und Cinzano (Martini?!?!?!) bis unter die Decke gefüllt waren, die ersehnte Weinverkostung erleben durften. Das war dann sehr schön und überraschend.


Letzter Programmpunkt der Führung: Verkaufsraum. Schneller als die einleitenden Worte: „Die Lokalpolitikerin kommt ja in ein paar Tagen! Die müssen wir natürlich angemessen und landestypisch begrüßen, zwecks zügiger Akklimatisierung“ ausgesprochen waren, war der Kofferraum voller Weinflaschen. Na, mir soll’s nur Recht sein.

Weiter in Innenstadt von Marsala. Nach dem ganzen Wein musste dringend etwas gegessen werden und dann zügig an den Strand zum Mittagsschlaf. „Am besten hier am Stadtstrand“, wünschte es der CdM. Ich war etwas perplex. Wie? Hier? Hier war doch nur Dreck und stinkender getrockneter Seetang. „Na, genau hier. Der Seetang ist doch schön weich.“ „Aha. Können wir wenigstens 3m von dem toten Vogel hier wegrutschen?“. Großzügig: „Klar“. Ich hatte mir ja vorgenommen, sich die Dinge einfach mal entwickeln zu lassen.
10 Minuten später dann das Wunder: „Ich glaube, hier stinkt‘s. Lass uns mal ein anderes Plätzchen suchen!“. TSCHACKA!


Also rein ins Auto und ein wenig in Strandnähe mit offenem Fenster gedöst.
Erfrischt und bereit zu neuen Taten ging es 30 träge Minuten später weiter zu den Salinen am Meer. Fahren wir also an der Uferstraße so gemütlich entlang der ersten Salinen. Ich noch etwas truselig von der schönen Siesta, schau so aus dem Fenster. Sehe das Meer, die Salinenbecken, ein bissel Müll, Möwen, Flamingos, Gemüsestände, … „Hast Du die Flamingos gesehen?!“ fragt der CdM? Flamingos ?!?!?!?!?! Tatsächlich: F L A M I N G O S. Stehen da so einfach neben der Straße im flachen Wasser. Gibt’s doch gar nicht! Fotos, Fotos, Fotos. Los, noch eins mit mir! Wenn ich jetzt jemanden von euch murmeln höre, dass es doch total bekannt ist, dass auf Sizilien Rosaflamingos in freier Wildbahn zu Hause sind …. dem glaube ich ÜBERHAUPTGARNICHT!


Noch völlig überwältig ging es weiter zu den Salzfeldern und dem Salzmuseum. Mit Don Quijote-Windmühlen und wildem Himmel. Auch hier bin ich so ziemlich beeindruckt. Für den Sonnenuntergang rasen wir wie die Verrückten zurück zu einer kleinen Bar und sehen die Sonne im wilden Himmel versinken übervoll mit unsagbar schönen Bildern des Tages.



Und es kommt noch besser: Nach dem Sonnenuntergang noch einmal zurück anch Marsala. Wir hatten ja noch nicht so viel von der Stadt gesehen. Also schlenderten wir noch eine kleine Runde und entdeckten doch auch noch ein Eislädchen mit dem richtigen Pistazieneis. WAS FÜR EIN TAG!
100 Punkte für jeden!


Montag, 10. Oktober 2016

Endlich im Westen




Am Montag ging es dann aus Palermo hinaus. Erst nur ein kleines Stück nach Monreale. Berühmt für den normannischen Dom, Grablegungsstätte einiger alten Herrscher. Weltweit bekannt für seine goldhinterlegten Mosaiken, die die wichtigsten Dinge der Bibel erzählen. Riesige Comics also. Und dann wird auch klar, warum das Abrafaxe-Heft ebenfalls „Mosaik“ hieß. Die Wandbilder sind zweifellos sehr schön, aber hinterließen nicht den erwarteten überwältigenden Eindruck. 
Beeindruckend war en vielmehr die rein geometrischen ca. 15 cm langen Mosaikbänder, die alle 2,5 Meter von der Decker bis zum Boden liefen. Keines, wie das andere.


Nach einem Mittagessen ging es ein paar Kilometer weiter entlang der Küste gen Westen. Wir fanden einen einsamen Strand, den wir uns nur mit zwei Hunde-Buddys teilen mussten. Der CdM sprang ins Meer, ich auf die dort auf mich wartende Liege und unsere Mittagsruhe war gesichert. Einen Espresseound eine Limonentorte später saßen wir wieder im Auto. Es ging weiter gen West.




Nachdem der CdM noch einmal seinen Reiseführer konsultiert hatte, war das Städtchen Erice als unser nächstes Ziel bestimmt. Erice ist ein kleines uraltes Städtchen, welches hoch auf einem Felsen gebaut war. Die Römer hatten dort vormals einen Venus-Tempel errichtet, in dem reichlich Betrieb war … wenn ihr versteht, was ich meine … Das schien ja interessant zu werden. 

Aber vor dem Venustempel lagen noch 30 Minuten Serpentinen. Also eigentlich war es eine. Sie fing unten an und hörte erst oben am Parkplatz an. Mir war elendig quackig. Davon ausgehend, dass es im Laufe der Jahrtausende nicht nur mir so gegangen sein muss, war wohl der dann anstehende Tempeldienst ein echter Bußgang. 

Unsere Kraft reichte noch dazu, die Jacken aus den Koffern zu suchen. Es war so hoch, dass es kalt war und außerdem zog sich der Himmel gerade zu einem heftigen Regen zusammen. Wir schafften aber noch einen Rundgang durch Erice. Den Venustempel fanden wir nicht mehr, dafür viele Kirchen und ein Kastell. Aber das Beste war der – trotz schlechtem Wetter – endlos weite Ausblick, der sich uns in alle Richtungen bot.

Irgendwann war es jedoch so ungemütlich geworden, dass wir uns nur noch in unser Auto setzen konnten und auf der anderen Seite hinab nach Trapani schlingel-schlängeln konnten. Fast wurden wir doch von einem Fahrrad überholt!



Noch kurz etwas zum Essen eingekauft, dann weiter durch die dunkle Gegend nach Marsala, unserem Tagesziel. Hier fanden wir ein wunderschönes B&B. In einem empfohlenen Restaurant gab es regionale Besonderheiten. Von der Vorspeise bis zum Wein. Wir waren geteilter Meinung darüber, weswegen ich am Ende das Autochen nach Hause fahren durfte, da der CdM den Wein, den ich verschmähte, sehr genoss. Ich wurde dafür mit einem verwegenen Tänzchen vom CdM im Scheinwerferlicht  beim Öffnen des großen Gartentores entschädigt. Und dann: Augen zu.

Sonntag, 9. Oktober 2016

Palermo 3

Die Nacht zum dritten Palermo-Tag war dann etwas haarig. Der CdM schlief schlecht, weil sich schon in den Nächten vorher eine Mückengang im Schlagzimmer zusammengerottet hatte. Allen Anschein nach was sie nun vollständig und startet eine nächtliche Attacke. Erklärtes Ziel: CdM. Wer ihn kennt, weiß: Kampflos wird gar nix überlassen! Bewaffnet mit einer Zeitung lag er im Bett und wartet darauf, dass sich die Biester aus der Deckung wagten. Dann: LICHT AN!! Und auf Sie! Nicht mit Gebrüll, aber mit Geklatsche. 

Ich lag hingegen zeitgleich im Bett, auch wach. Nicht wegen des Geklatsches des CdM. Die kleine Affenbande in meinem Kopf war mal wieder ein Ausbruch gelungen. Heute stand mal nicht Panzerfahren vom Hirnstamm bis zur Stirn auf dem Programm, sondern Polka auf dem rechten Jochbein. „Hacke-Spitze-Hacke-Spitze-eins-zwei-drei“ vom Kieferngelenk bis zur Augeninnenecke, Schlusssprung und zurück. Endlos. Sofern war das Klatschen des CdM lediglich der Beat zum inneren Affentheater. Alleinig das LICHT AN!!! sorgte da noch für einen Extraflash: Jochbeinpolka im Stroboskop-Blitzer-Licht.

Das also das Grundsetting des Tages: Wir, prima erholt.  Darum beschlossen wir, es entspannt anzugehen. Nichts Anstrengendes. Wir entschieden uns, unseren ausgezeichneten Parkplatz direkt vorm Haus aufzugeben, um eine Spritztour durch die Vorstädte Palermos zu machen. Es war Sonntag und laut Reiseführer waren die Palermiten heute nur dort anzutreffen. Unser erster Stopp war ein extrem überlaufendes altes Fischerdörfchen: Mordello. Aber es hatte einen äußerst schönen Strand. Da lagen zwar auch ziemlich viele Italiener drauf rum, aber das störte unseren sonntäglichen Frieden nicht. Der CdM testete das Wasser und dann wurde erst einmal ausgiebig auf der Decke geschlafen. Nachdem wir uns einen Espresso an einer Bar erkämpft hatten, ging es weiter. 

Der nächste Stopp sah einen kleinen Spaziergang am Cappo Gallo vor, denn es herrschte ja Erschöpfung von der tierischen Nacht. Die Affen hatten sich zwischenzeitlich auf den Hirnstamm zurückgezogen und waren wohl etwas erschöpft. Sie spielten lediglich: „Wer hat den dicksten Bauch? – Los, bei drei alle Luft anhalten und Bauch rausstrecken!“ Das war alles wieder im grünen Bereich und ein Spaziergang machbar. Das Ende des Weges war in der Ferne sichtbar. Keine Gefahr.  

Das ging gut, bis sich einen Wegalternative in Form einer Weggabelung auftat. Es stand zur Auswahl: a) leicht links: weiter auf dem Weg mit lieblicher Vegetation oder b) leicht rechts: steil den Berg hinauf, ohne erkennbaren Weg, abgebrannte Erde soweit das Auge blicken konnte, dahinter kahler Felsen.  Ich muss nicht sagen, welche Richtung eingeschlagen wurde, oder? Brauchte keinen Wimpernschlag überlegung beim CdM. Und da das vereinbarte Safewort: "Dchätzhabischabbadieschnauszevoll!" - trotz korrekter Aussprache - nicht die gewünshcte Reaktion brachte, blieb mir nur eins. Um bei den Tiermetaphern zu bleiben: Rohrspatz13 .  Und die Affen kugelten sich lachend auf ihrem Hirnstammfelsen. Aber zum Glück blieben alle friedlich: Die Affen und der CdM. Am Ende war es ein Rundweg und alles Aufregen war nichtig. Was lehrt uns das: Ab und zu auch mal einfach die Klappe halten.

Nach dieser sportlichen Großleistung ging es weiter entlang der Küste. Wir fanden allerdings nur, naja sagen wir „wenig attraktive“ Örtchen. Nach einem kleinen Sundowner fahren wir dann zurück nach Palermo, fanden auch noch einen Parkplatz direkt vorm Haus.


Dann begann es wieder zu regnen. Wir aßen zu Hause und entschlossen uns dann, als der Regen etwas nachließ, mit Schirmen bewaffnet noch einmal in die Stadt zu spazieren. Der CdM mit Badelatschen. Ich mit Lederlatschen. Das war sehr lustig. Wir lernten: Ledersohlen + Regen + palermitische Straßenpflastersteine = kein Problem. Gummisohlen + Regen + palermitisches Straßenpflaster =  Schlitterbahn. Da hing er an meinem Arm, der CdM. Auch mal schön!  

In einer kleinen Bar bekamen wir dann auch noch einen delikaten Snack aus rohem Fisch und zwei außergewöhnliche und leckere Dessertweine. Hmm!  Der Regen hatte zwischenzeitlich aufgehört, aber da die Straßen noch nass waren, nahm ich den CdM – nicht ohne Grinsen auf dem Gesicht – ins Schlepptau und wir rutschten gemütlich heim, in unser Quartier.

Samstag, 8. Oktober 2016

Palermo 1-2

Es stellt sich heraus, dass die Tage so voll sind, oder der Wettbewerb um den Tagespunkt zwischen uns so hart und das Internet in Palermo so schwach, dass ich gezwungen bin, die letzten vier Tage in einem Post zusammen zu fassen. Es könnte allerdings auch nur reiner Selbsterhaltungstrieb sein, während der Autofahren zu schreiben, denn der Verkehr und die Straßenmoral der Palermiten ist nichts für meine schwachen Nerven und mein zartes Herz. Bereits nach 3 Minuten hätte ich mir, dürfte ich ans Steuer, meine Lungen mit wüsten Beschimpfungen aus dem Leib gebrüllt, wäre schweißgebadet und am Rande eines Nervenzusammenbruches. Nicht so der versierte Chef de Mission. Der bringt es fertig, während ihm jemand die Vorfahrt schneidet, von hinten wild gehupt und auf einer 2m-breiten Straße ein LKW entgegenkommt, von der herrlichen Landschaft zu schwärmen. Das nähert meinen Verdacht, dass er nur von einem Raumschiff zufällig im Eichsfeld ausgesetzt wurde.

Irgendwann war es ja Zeit, das Paradieschen zu verlassen.  Und die Insel wusste schon, warum es mit den schweren Koffern zu Hafen nur bergab ging: Masse mal Beschleunigung war schon notwendig, um sich von der lieblichen Insel losreißen zu können und die Fähre pünktlich zu erreichen. Aber es sollte weiter nach Palermo gehen. So stand es in der DoRM geschrieben. So musste es sein.  
Nach den wundervollen Tagen auf dem Inselchen, hatten wir doch etwas Sorge, dass wir uns im bunten Treiben der Inselhauptstadt ADS, oder sogar ADHS holen würden. Aber es half nix, die DoRM hatte gesprochen und mit jedem Meter von der Insel weg auch wieder ihre volle Macht gewonnen. 



Auf dem Weg lag noch ein geplanter Stop in Cefalu. Ein wunderbares Städtchen am Meer mit prima Eis und einem wunderschönen normannischen Dom, in dem sich Altes und Modernes auf großartige Weise miteinander verbunden haben.



Dann ging es weiter nach Palermo. Unser erster AirBnB-Stopp. Besonders der CdM freute sich darauf, da endlich ein echter Herd (mit Gas!) in Aussicht stand. Ein verwirrend hektischer Gastgeber Rogereo, knallte uns in 10 Minuten mit einer Standarte von allgemeinen und speziellen Informationen zur Wohnung, Stadtgeschichte, Einkaufs- und Restaurantempfehlungen  voll, von denen wir nur ca. 30 % verstanden. Es muss ein spezielles parlamentinisches Englisch gewesen sein. Aber die DoRM sah ohnehin schon eine Menge eigener Dinge vor, so das ein Nachfragen besser zu vermeiden war, wenn man nicht der Gefahr diverser PlusProgrammpunkten ausgesetzt werden wollte.  An manchen Stellen zahlt sich eben doch ein Jahr in den USA aus. Auch wenn es nur darum geht, als des Englischen besser Kundige vermutet zu werden. Dann braucht es nur noch einer Prise Kaltschnäuzigkeit um zu sagen: „Hat eigentlich nur das gesagt, was schon in der Mappe steht! Und das ein guter Bäcker um die Ecke ist.“

Noch schnell durch das dunkle Palermo in den Supermarkt. Naja, schnell hin und zurück, ja. Drinnen waren wir dann natürlich schon etwas länger. So ca. 60 Minuten. Dann gab es endlich mal ein anständiges Essen: Nudeln mit Tomatensoße. Und Käse. Lecker.

Am nächsten Morgen dann mit frischen Brötchen vom besagtem Bäcker ordentlich gefrühstückt, dann hinein in die Stadt! Nach genau zwei Ecken Wolkenbruch. Ach was sage ich, quasi Sintflut. Schutzsuchend fanden wir uns in einem alten Palazzo wieder. Er beherbergte bedeutende Kunst des 12.-14. Jahrhunderts. Niemals wären wir da ohne Sintflut hineingegangen. Ich bin ja ausgeprägter Fatalist, darum glaube ich ja keine Sekunde daran, dass der Regen gerade zu dieser Zeit, gerade in dieser Heftigkeit auf uns niederfiel. Wir sollten da rein. Und es war wunderschön. Jede Menge Madonnen, aber auch einige bezaubernde Büsten ohne biblischen Hintergrund. Wir stiefelten alle Etagen bis unters Dach ehrfürchtig ab. Der Regen hatte schon lange aufgehört, als wir wieder draußen in den Gassen waren.

Jetzt solle es aber ziemlich direkt zum Normannenpalast gehen. Aber zuvor war es schon wieder Zeit, etwas zu essen. Kurzer Abstecher in den Hafen. Der Reiseführer und auch Rogero hatten von Panne é irgendwas geschwärmt. Ein Kreuzchen auf unserem Stadtplan führte uns direkt zu dem, der was auch immer hinter dem é war, in der ganzen Stadt am allerbesten herstellen konnte. Es war recht leicht zu finden, sah aber etwas seltsam aus: Brötchen und dann hatten die Herren hinter der Theke einen großen Kessel vor sich, in dem sich sowas wie geschnittene Nierchen stapelten. Das wurde dann mit einer Schöpfkelle herausgehoben und im Brötchen platziert. Mehrere Schichten und dann kam die Brötchenoberhälfte wieder drauf. Zack fertig. Schmeckte nicht schlecht und erinnerte irgendwie an Schlachtetag. Wie sich dann herausstellte war es Milz im Brötchen.

So, jetzt aber ohne weitere Verzögerung zum Normannendom. Hätte auch funktioniert, wären wir nicht falsch abgebogen und mitten im Vucciriamarkt gelandet mit jeder Menge Fischhändlern und dazugehörigen Garküchen rechts und links des Weges. Mussten wir uns dann auch noch ein wenig durchfuttern. 
Am fortgeschrittenen Nachmittag kamen wir dann endlich am Normannenpalast an. Audioguide wollte sie uns an der Kasse nicht geben. So fing alles an.  Na, dann eben ohne in den Palast. Am Eingang Hochsicherheitskontrolle. Der CdM muss natürlich in Funktion als Major Reiseleiter ein Taschenmesser mitführen. Aber nicht mit den Herren und Damen der Palastwache: "Abgeben, Froindchen!" Ok. Noch kein Grund auszuflippen. 

Ab in die heiligen Hallen der Capella Palatina, ein wirkliches Schmuckkästchen von Schlosskapelle. Ganz und gar aus Gold und mit Fresko-Comic und einer Decke, die wie ein Zelt aussieht. Doch kaum da: „Avanti, avanti! Machen Sie mal hin! Wir schließen gleich!“ – Wir waren ja spät, aber so spät ja nun auch nicht. Aha, ne Hochzeit. Mann,  Mann, bestimmt so ein Mafiabonze!  Jetzt setzte bei mir schon so eine leichte guerillamäßige Che-Guevara- Stimmung ein. Und es brauchte nur noch eines weiteren kleinen Anstoßes von Seiten der Palastamazonen, um den El Commandante in mir wach zu rufen. „No Foto!“ und ein „Avanti!“ später war es so weit. Sie hatten es nichts anders gewollt! Streckte ich meinen Fuß also immer unter alle roten Absperrseile hindurch. Verboten – erlaubt – Verboten – erlaubt! Ha! Da habt ihr echt was zu tun!  Ich: Voll Che eben!

Danach erst einmal ein Bier. Durch die armen Viertel der Stadt, die den CdM voller Dankbarkeit erfüllte, für das, wir einfach so haben. Und Recht hat er.  Auf dem Heimweg haben wir uns dann auf einem weiteren Markt mit Tomaten und Birnen eingedeckt und sind dann ziemlich schnell ins Bett gefallen. 

Am nächsten Morgen ging es – weil wir beim Regen ja ein Kombi-Ticket erstanden hatten- in einen echten Stadtpalast und sahen uns an, wie man da so drin gelebt hat. Entgegen der muffelig-aggressiven gestrigen Wachen im Normannenpalast, hatten wir hier einen absolut freundlichen Museumswärter erwischt. Er wies uns sehr nett darauf hin, dass wir das hauseigene Puppentheater übersehen hatten und holte uns 5 Räume später hinter die roten Absperrseile und zeigte uns eine versteckte Geheimtür. Wunderbar!

 Dann ging es weiter zur Kathedrale. Dies sieht von außen sehr schön aus, von Innen leider nicht mehr so sehr. Eigentlich gar nicht. Blieb noch Zeit, um durch die Gassen zur Oper zu schlendern. Hier fanden wir die größte Ansammlung jugendlicher Grufties, die ich je gesehen hatte. Oder es ist die neue Mode unter Jugendlichen. Die Sonne senkte sich langsam, also weiter durch die Gassen. Am archäologischen Museum hatten wir Glück. Wollten wir nur einen kleinen Blick in den Innenhof werfen und bekamen für die letzte Stunde vor der Schließung Freikarten in die Hand gedrückt. Na für „na nüscht“ schauten wir uns das Ganze sehr gern an. Es war spannend und ein kleiner Vorgriff auf das, was uns in den kommenden Tagen an der Westküste erwartet: Tempel, Tempel, Tempel. Und alle kaputt! Wir waren mit den parlermitischen Museumswärtern ausgesöhnt.

So, an dieser Stelle muss ich unterbrechen. Wir fahren seit 30 Minuten die Serpentinen des Todes bergauf nach Erice. Mir ist schrecklich übel. Darum später mehr.

Mittwoch, 5. Oktober 2016

Salina, oder wie wir sagen: Insel der Faulheit

Der Tag begann wieder mit einem Sonnenaufgang, gefolgt von weiteren 3 Stunden Schlaf. Für den Tag gab es einen latenten Plan für eine Wanderung auf den Vulkankegel. Ich richtete meine ganze Hoffnung auf meine Beobachtung, dass sich seit 24 Stunden die Willenskraft des CdM langsam, aber stetig immer mehr verflüchtigte und parallel dazu sein Wunsch nach Nichtstun enorm zunahm. Gut Ding will gewöhnlich Weile haben und aus der Geschichte über das Schlaraffenland wissen wir ja, dass auch die Faulheit eine gewisse Zeit benötigt, bevor sie sich ungebändigt und ungeniert Bahn bricht.

Wir frühstückten also erst einmal ganz ich Ruhe, spielten mittels „Rollerzurückgeben“ und „Heute kochen wir mal selbst!“ Aktivität und ließen uns danach – so gegen 11 Uhr – auf die Liegen des Sonnendecks fallen. Diese verließen wir nur wenn es sich gar nicht vermeiden ließ. Zum Beispiel, wenn der Wein alle war. Oder die Kekse oder die Wirtin uns ein leckeres Eis brachte.
Ansonsten lagen wir rum. Unser Grad der Faulheit reichte sogar so weit, dass wir es noch nicht mal in den Jacuzzi schafften! Und dann war der Tag auch schon um. Das Paradies kennt eben keine Uhren.

Die DoRM fristet eine unbeachtete Existenz in der Schublade. Ich bin ziemlich sicher, dass sich das später bitterlich rächen wird. Aber im Moment einfach herrlich. Darum lautet die Aufgabe der Stunde: Alles maximal auszukosten! Morgen geht es zurück auf die große Insel und dann wird der der Chef de Mission den faulen Zauber abschütteln und gut erholt mit voller Kraft loslegen.
Aber für heute hat er sich, ob seiner Fähigkeit zur Faulenzerei, die eigentlich wider seiner Natur, seinen Wesen und seinen politischen Grundsätzen ist, den Tagespunktesieg absolut verdient.
Und damit steht es: 3,26 : 2,74 




Dienstag, 4. Oktober 2016

Summserumsum, einmal um das Inselchen rum

Was soll ich groß berichten aus dem Paradieschen im Aeolischen Meer? Ein Eiland, das in einem Meer liegt, welches mit 3 herrlich weichen Konsonanten beginnt! Das sagt doch schon alles.
Nach einigen ermahnenden Worten aus den heimatlichen Gefilden á la „Ich glaube, mein INternet ist kaputt, bekomme seit gestern nichts Neues geladen.“, halte ich jetzt mein Versprechen, auf der Rückfahrt aufs „sizilianische Festland“ etwas nach zu schreiben. Es gilt ja auch den aktuellen Punktezwischenstand zu verkünden. Aber alles schön der Reihen nach oder piu piu, wie wir Italiener sagen.

Nachdem uns auf unserem vorabendlichen Spaziergang noch – in Form meines heißgeliebten ersten leicht autistischen Katers Ole - der ultimativen Beweis (Paradiesbeweis 1- kurz: PB 1) vor und um die Füße strich, dass wir wirklich, ehrlich und echt im Paradies waren, schliefen wir auch einen tiefen uns festen Schlaf der Gerechten, unterbrochen nur von einer kurzen Beobachtung des Sonnenaufgangs direkt von unserm Balkon aus. Wunderbar. Alles war in Pastellfarben getaucht und dann: da-da-daa, da-da- daa- PA-DAMM!!!! Da war sie da (PB 2).

Die DoRM sah komischerweise nix spezielles für die Tage auf dem Inselchen vor. Ein weiterer Beweis (PB 3). Das Paradies entzieht sich ja bekanntlich jeder Planung. Das weiß doch jedes Kind! Der Chef de Mission schlug darum – ich vermute, aus angeborenen Aktivismus-Refelx – eine Inselumrundung per Bus und Beinen vor. Ich entdeckte in diesem zögerlichen Vorschlag einen gewissen Moment der unschlüssigen Schwäche, auf den ich schon lange gehofft und gelauert hatte. 

Jetzt bloß nichts falsch machen: Erst einmal ein wenig beim Frühstück getrödelt, dann im richtigen Augenblick die Augen mangamäßig aufgerissen, großes „plinker-plinker“, gefolgt von: „Ich habe noch nie im Urlaub eine Sumse geborgt und bin durch die Gegend gedüst! Noch niemals! Nie!“. Dann einmal dramatisch ein- und ausatmen (nicht mehr, denn man will ja glaubhaft bleiben). Und dann kam der richtige Zeitpunkt für das finale Argument: „Und der Bus ist sowieso schon weg!“.  – GESCHAFFT!    -   Ich wusste es: Die DoRM hat hier keine Macht. Und beschloss augenblicklich, das gnadenlos auszunutzen!


Nach einer gehörigen Kauderwelscherei hatten wir die Konditionen für unseren Tag mit Scooter ausgehandelt. Suppenschüsseln auf die Rüben, Sonnenbrillen auf die Nasen und mömm!!mömm! mit wilden 20 km den Berg hinauf. Außer schöne Landschaft gab es nicht viel zu sehen, darum entschlossen wir uns zu Strandhopping. Drei gab es auf dem ganzen Inselchen. Zwei davon waren nur über Treppen zu erreichen. War mir aber ganz egal (PB 4). 

Der erste Strand war in Malfa. Steinig, glasklar und azurblau. So etwas von klar-blau habe ich noch nicht gesehen! Wunderschön.  Und rein ins Meer! 
Dann weiter durch das Tal zwischen den beiden erloschenen Vulkanen hindurch nach Rinella. Dort ein schwarzer Sandstrand mitten im Ort. Mittlerweile war es Mittag und so huschten wir im Kniehebelauf über den heißen Sand, rein ins – wieder- glasklare Wasser. 
Dann weiter, zurück durch das Tal ganz in den Westen. Bis ans Ende der Straße gesummst, dann eine mittelprächtig unendliche Treppe hinab. Der Strand hier eigentlich eher eine Ruinenstadt. Der CdM war ja schon ziemlich weich gekocht, aber hier brach sich noch einmal sein Missionsgedanke auf positive Weise durch (PB 5) und er fand uns das beste Plätzchen, quasi Semperoper/Königsloge. 

Diesmal nicht sofort rein ins Wasser, sondern erst einmal ein kleines Mittagsschläfchen. Dann rein ins Meer und ein wenig geplanscht. Danach noch um die Ecke und das Wahrzeichen des Inselchens, ein natürliches Steintor á la Prebischtor, nur in nass, angeschaut. Zurück auf unser Prämiumliegeplätzchen und den Sonnenuntergang bewundert (PB 6). 

Danach summsten wir zurück in unser herrliches B&B und schafften es gerade noch so nach nebenan in ein Restaurant. Das hatten wir unverdient genau richtig getroffen. Das Essen war vorzüglich (PB 7).  Dann noch eine Tür zurück, ins Bett, bis drei gezählt und der CdM schlief seelig, tief und fest und scheinbar von der Last jeglicher Planung enthoben (PB 7). 


 Das brachte mir den vollen Tagessiegpunkt und uns zu folgenden Zwischenstand: 3,26 : 1,74. Das war der letzte, und 8. Pardiesbeweis (PB 7).

Und damit bleibt uns alten (seeeeeehr alten) Italienern nur zu sagen: Quod erat demonstrandum (OED)


Montag, 3. Oktober 2016

Hach!! und Seufz***

Wir sind auf der liparischen Insel Salina. Aber nennt es einfach Paradies. Mit dem Auto zum Hafen und mit der Speedfähre auf die Insel. 

Völlig elysisch gestimmt, vergebe ich heute den Tagespunkt ohne zögern wie folgt: 0,51:0.49. Das bringt uns zu: 2,26:1,74.
HERLISCH!

Von Schluchten, Vulkanen, Meer und dem ganz kleinen Drama

Jajaja, es steht 1,75:1,25! Und ja, ich habe eine Nacht gebraucht, um wieder einigermaßen zu Kräften zu kommen, um zu schreiben.

Am Tag 3 sah die DoRM eine Wanderung um vier Nebenkrater des Ätna vor. „Du musst aber auch sagen, was Du machen willst!“ hatte der Chef de Mission vor ein paar Tagen nachdrücklich gesagt. Also haben ich den Wunsch geäußert, in die Gole dell‘ Alcántara zu fahren, um die Basaltschluchten mit wilden Wassern zu sehen. Ein Fehler, wie sich gestern beim Frühstück herausstellte. Die ganze Großzügigkeit funktioniert nämlich nur als PlusProgramm. Damit stand das Programm für den Tag wie folgt fest: vormittags Gole dell‘ Alcántara, am Nachmittag eine 12km-Wanderung um die Nebenkrater und am Abend ein Besuch des Strandes von Taormina mit Abendessen an einer Strandbude. Wir waren noch gar nicht losgefahren da hatte ich schon Muskelkater.

Auf dem Weg zu den Schluchten gab es zwei Stopps. Der erste am Jugendstilbahnhof im Nachbarort, in dem vormals gekrönte Häupter, Prominente, Dandys und Bohemian dem Zug aus London entstiegen. Heute hielt hier nur die Regionalbahn, aber es ist ein wunderbares Kleinod der Transportgeschichte. Hinter den Gleisen beginnt das Meer. Den zweiten Stopp legten wir am Mini-Markt am Weg ein, um ein Brot für die importierte Stracke zu kaufen. Die Italiener kennen sich einfach nicht aus, mit dieser Art der Wurstherstellung!

In den Schluchten waren wir dann schwer beeindruckt von den bizarren Formationen des Basalts. Erst sahen wir uns alles von oben, aus einem geologisch-botanischen Garten aus, an. Dort hatten wir seltsame Begegnungen mit landestypischen Zwergelefanten, Krokodilen und Mini-Tyrannosaurus-Rex. Außerdem knallt uns die Sonne so auf den Pelz, dass wir uns bei bestem Willen nicht vorstellen konnten, wie das wohl im Sommer sein müsste. Dann ging es abwärts. Die Treppen durften wir nicht benutzen, weil wir beim falschen Anbieter Karten gelöst hatten. Mussten wir leider, leider den Lift nehmen. Unten angekommen konnten wir unsere Füße bei einem kurzen Spaziergang im Flussbett in die Schlucht hinein abkühlen. Wer kann sich nicht an die warnenden Worte seines Fahrlehrers erinnern, wenn Wasser auf Basalt traf: Achtung! Unsere Haltungsnoten waren auf jeden Fall spitzenmäßig. Und es war heiß, so dass auch alles schnell wieder trocknete.

Dann ging es über ein außergewöhnlich leckeres Pistazien-Eis zu den Nebenkratern.

12 km- waren angesagt. 5 km hatten wir schon in der Schlucht gesammelt. Wir einigten uns darauf, etwas abzukürzen, sodass wir einen Krater vorn umrunden würden, anstatt von hinten. Das brächte eine Ersparnis von 2 km. Summa summarum lagen damit 10 km vor uns. Soweit der Plan und meine heimliche Genugtuung, der DoRM ein Zugeständnis abgerungen zu haben! Also los.

Durch eine völlig andere Landschaft als gewohnt, stiefelten wir den Weg entlang. Auf der Karte am Eingang waren die einzelnen Wanderwege farblich gekennzeichnet. Kennt man ja. Aber bereits an der ersten Gabelung war dieses prima Konzept der Farbkodierung aufgegeben worden. Mit ein wenig logischem Verstand versuchten wir, das Rätsel an jeder der Kreuzungen zu bewältigen. Ja gut, hier und da mussten wir auch wieder ein Stück zurückgehen, weil wir merkten, dass wir da irgendwie doch einen Denkfehler hatten. Alles kein Problem. Solange abgerissene und massakrierte Pilze in regelmäßigen Abständen auf dem Weg lagen, schien mir alles in Ordnung, weil: da war ja schon mal jemand heute lang gelaufen. Kein Grund zur Panik.

Wir überquerten einen alten Lavastrom und kamen an die Stelle, wo wir die Abkürzung beschlossen hatten.  Frisch und froh rechts abgebogen. Ein breiter Weg lag vor uns. Alles schien in Ordnung. Wir stiefelten vergnügt weiter.

Als erste bemerkte ich, dass ich schon lange keine marodierten Pilze gesehen hatte. Dann wurde der Weg schmaler. Und noch ein wenig schmaler und gleich darauf standen wir mitten im Wald.  In unserem Rücken, vom Ätna kommend, ein lauter werdendes Grummeln, das nicht mehr als Gewitter zu verleugnen war. Und da waren wir, der CdM, ich, der Wald, tadellos intakte Pilzkolonien und ein schweres Gewitter. Der Stoff, aus dem griechische Tragödien sind!

Ich entschloss mich einfach ganz, ganz, ganz fest auf die Zusatzqualifizierung des CdM zum Major Reiseleiter zu vertrauen. Ganz fest! Mit dem Garmin-Navigationsgerät in der Hand, auf welchem ich nur Wetterdaten zu erkennen in der Lage war – hätte aber auch evtl. das Ultraschallbild eines Knies sein können, für eine valide Festlegung hätte ich etwas mehr Zeit gebraucht-, stapfte der CdM die „Internationale“ pfeifend zuversichtlich durch das Dickicht. Ich folgte. Mein Soundtrack war allerdings: „Hänsel und Gretel …“. Nach ein paar Zäunen, die wir überkletterten und Dornen, die das eine oder andere Bein wund rissen, einem wiederholten Überschlagen der mitgeführten Wasser- und Essensvorräte in Korrelation der  zu erwartenden Zeit, die wir in derWildniss verweilen würden, erreichten wir nach einer endlosen Zeit von 15 Minuten wieder einen großen Weg. Glück gehabt. Eine gute Übung zur Stärkung meines Vertrauens in meine Mitmenschen.
Mir schien es, als hätte ich auch eine gewisse Erleichterung beim Chef de Mission wahrgenommen. Auf jeden Fall verstummte die Endlosschleife von „Völker hört die Signale! Auf zum ... (ihr wisst schon)“ 

Wir stapften also weiter. Sorgsam Kleinstwege meidend und kamen nach 14km, kurz vor Sonnenuntergang wieder am Auto an. In meinem Ohr die Worte meiner Tante Feinfeinfein: „Und, was lernt Dich das?“ – NIE einmal erworbene Grundweisheiten außer Acht lassen. Wir wissen doch nicht erst seit gestern: KEINE ABKÜRZUNGEN! Auch keine auf eigenen Wunsch. Am Ende latscht man 4 km mehr. Immer!

Auf der Autofahrt zurück war etwas Zeit zum Entspannen. Aber kaum in unserem netten B&B zurück, wurde in die Hände geklatscht und gerufen: Auf, auf ans Meer! Taormina ist wie ein Schwalbennest hoch über dem Strand, an einen Felsen gebaut. Zum Glück war die dort zur Verfügung stehende Seilbahn schon fest eingeplant. Etwas Kleines am Strand essen und mit den Füßen noch 2 – 3 Meter durch den kühlen Sand und das nächtliche Wasser waten. Das schien machbar. Also los!

Unten angekommen, wurde noch schnell ein Bier als Wegzehrung erworben und los zum Strand. Bloß wo war der nur? Ich sah auf jeden Fall nix dergleichen, sondern nur Häuser, Häuser, Häuser. Der CdM stiefelt mutig die Straße nach rechts, natürlich bergan, dann links auf eine Treppe zu. Hochalarmiert war ich gerade dabei zu denken: Er wird doch …. Schwubs war er auf der Treppe verschwunden und hatte bereits die Hälfte erreicht, als ich überhaupt dort ankam.

Wer Erfahrungen im Bergwandern hat, weiß, dass Treppen hinab zu steigen extrem schmerzvoll sein kann. Sehr schmerzhaft. sehr, sehr, sehr, sehr und sehr-n+1. Ich legte also meinen ganzen Unmut und Protest in meinen Gesichtsausdruck und ließ mich dann 137 Stufen einzeln hinabplumpsen.

Unten war ein stockdunkles Meer, ein nächtlicher Juppystrand mit Flutlichtern im Hintergrund die Belohnung. Super. Und überhaupt, wo war der Sand? Da lagen nur Steine? Soooo sauberes Wasser schwärmte der CdM. Konnte man bei der Dunkelheit doch gar nicht erkennen. Eins zwei fix schnappte sich der Chef de Mission zwei der Yuppi-Liegen und streckte sich auf einer davon absolut zufrieden und glücklich aus. Mit der rechten Hand einladend auf die zweite Liege klopfend.

Ich schwöre, nur weil ich so entkräftet war, legte ich mich hin. Glaubt mir, es war Notwehr und dann brauchte ich eine gewisse Zeit, um wieder hoch zu komme.Während der CdM neben mir davon schwärmte, wie entspannt und wunderschön es hier wäre, hatte er keinerlei Ahnung von den 3-5 Mordplänen, die in meinem Hirn langsam Gestalt annahmen, wärend ich darauf wartete, dass meine Kräfte wieder zurückkommen würden. Wenn ich es nur irgendwie die 137 Stufen wieder hinaufschaffen würde.

Aber starke Gefühle setzen ja bekanntlich ungeheure Kräfte frei. So gelang es mir, unter selbstmitleidigem Schimpfen und ausgiebiger Schlechtmacherei wieder ins Sitzen zu schaffen. Und kaum wurde ein kleines Signal in Richtung Aufbruch gesetzt: hoch die Treppen, in die Seilbahn, ab in Bett, noch ein bissel Selbstmitleid, Augen zu.

Wer will schon so `nen blöden Tagespunkt.


Sonntag, 2. Oktober 2016

Gerade noch einmal gut gagangen

Selbstverständlich konnte ich es mir nicht verkneifen, um Punkt 6 Uhr dem Chef de Mission ein fröhliches „Hopp, hopp! Aufstehen! Es ist 6 Uhr!“ ins Ohr zu schmettern. Was natürlich nicht stimmte. Es war erst 10 Minuten vor 6 Uhr. Aber -gesegnet mit einem festen Schlaf und der Gabe, nur das zu hören, was ihm gefällt, gab es-  keine Reaktion. Sehr gut, damit war das 2:0 quasi schon im Kasten. Drei Stunden später kehrte dann langsam Leben in die Bude und nach einem italienischen Frühstück ging es los, die Stadt zu erkunden. Laut DoRM war für den Vormittag Zeit für das Städtchen Taormina und am Nachmittag eine Wanderung zum Bergdorf Castelmola vorgesehen. Unser erster Weg führte uns zum Griechisch-Römischen Amphitheater, welches schon Goethes Bewunderung hervorgerufen hatte. Dort angekommen bemerkte der CdM, dass er die Infoseiten dazu aus der DoRM in unserem prima B&B vergessen hatte. ICH hingegen hatte meinen kleinen bescheidenen Reiseführer dabei. Tschacka! Da konnte ja quasi nichts mehr schiefgehen, der Tagessieg schien sicher. Nachdem wir das wunderschöne Theater mit seiner sagenhaften Aussicht auf den Ätna bewundert und erkundet hatten, hielt es der CdM nicht aus und gab die wundervolle Anweisung: Ich gehe zurück und hole die fehlenden Seiten und Du kannst zwischenzeitlich shoppen gehen. Wir treffen uns in 30 Minuten dortunddort!“ Ha! Doppeltschacka!
Ich tobe die Einkaufsstraße hoch und runter und noch einmal hoch und runter. Ein Fehler, wie sich später herausstellt. Ein schwerer Fehler. Oder gar eine gute List/Strategie des Chef de Mission? Auf jeden Fall ging es nach unserem Wiedertreffen erst so richtig los mit der Lauferei und ich hatte ja bereits gefühlte 8plus-Kilometer in den Beinen. Ich rettete mich in die Mittagspause. Aber fragt nicht wie! Es droht ganz deutlich Punkteabzug!
Dann ist mir das Wetter zur Hilfe gekommen. Wegen drohenden Regens wurde aus der Wanderung eine Autofahrt und ein Städtchenspaziergang. Es ging die kleinen Gassen und Treppen hoch und runter und wieder hoch und dann wieder runter und dann das Ganze noch einmal da capo no Fine. Der Tagessieg drohte ich weite Ferne zu rücken.
 Beim Abendessen in einer Pizzeria rettet mich dann auch wieder nur das Wetter, meine Augen konnten nur nicht von selbst zuklappen, weil es begann in Strömen zu regnen und wir einen prima Platz auf der Terrasse ohne Schirm hatten. Sehr gut dachte ich. Bleibt eine geringe Chance auf den Tagessieg. Aber dann der fintenreiche CdM! Besorgt doch einen Tisch IN der Pizzeria. Als ich schon zu den Streichhölzern greifen wollte, um meine Augen offen zu halten, wurde zum Aufbruch geblasen! Endlich! Einen kurzen Stopp bei den tanzenden Südafrikanern auf dem Hauptplatz des Ortes erlebte ich nur noch in Trance. Endlich zu Hause, haut sich der CdM ins Bett und ist weg! HA! Das war das hart erarbeitet 2:0. Ok, sagen wir der Ehrlichkeit halber: 1,75:0,25!